Mittwoch, 26. April 2006

Radiochemie

Inspiriert durch Mark, ist mir wieder eine Anekdote aus meinem Studium zum Thema Radiochemie, Kernkraft & Strahlung eingefallen. Eigentlich wollte ich das ganze als Kommentar veröffentlich, aber die Geschichte ist lang genug, um ein eigener Beitrag zu sein.

Irgendwann im Haupstudium musste ich einen Radiochemie-Schein machen. Dazu gehörten Volesung und Praktikum und außerdem konnte man noch den Strahlenschutzkurs kostenlos besuchen (der gar nicht schlecht war).
Die Vorlesung wurde von einem alten Professor gehalten, den ich einfach mal als Heinz Sielmann der Radiochemie bezeichnen möchte. Wenn ich mich richtig erinnere hieß der Mann Marx (genau wie Engels). Sein liebster Spruch lautete: "Ich habe Otto Hahn ja noch persönlich gekannt." Für alle die es nicht wissen: Otto Hahn hat zusammen mir Fritz Straßmann und Lise Meitner die Kernspaltung entdeckt und damit die Grundlagen der Kernergie und der Atombomben. Außerdem ist Otto Hahn der Namensgeber des Instituts für Biochemie, in dem ich studiert habe. Genau in diesem Institut hat Otto Hahn nämlich gearbeitet.
Die Vorlesung an sich war sehr langweilig, allerdings brauchte man den Schein, um letzendlich den Radiochemie -Schein zu bekommen. Und da es einen Anwesenheitsliste gab, konnte man auch nicht zu oft fehlen. Die Vorlesung diente dazu, die Grundlagen der radioaktiven Strahlung zu vermitteln. Also welche Arten gibt es etc. Natürlich kommt man in einer solchen Veranstaltung zwangsläufig auch beimThema Kernenergie an. Leider war unser Heinz Sielmann der Radiochemie ein großer Fan eben dieser Technologie und das trotz der diversen leichten, mittleren und schweren Störfälle in Kernkraftwerken auf der ganzen Welt. Sein liebstes Argument für die Kernkraft war dabei immer, daß ein AKW wesentlich wenige Radioaktive Strahlung über die Schornsteine in die Atmosphäre pustet als ein Kohlekraftwerk. Damit hat er natürlich recht gehabt. Natürlich enbtläßt ein AKW die Strahlung nicht über die Kühltürme. Da kommt nur Wasserdampf raus. Die natürlich Hintergrundstrahlung von Wasser ist natürlich sehr gering. Im Gegensatz zur Kohle. Die Radioaktivität, die von den Kohlekraftwerken in die Atmosphäre entlassen wird, entspricht allerdings der natürlicheh Hintergrundstrahlung der Kohle. Sprich: Das ist Strahlung, der man sowieso ausgesetzt ist. Beim Kernkraftwerk sieht die Sache dann natürlich gleich wieder etwas anders aus, auch wenn kein Dreck aus dem Schornstein kommt, so hat man doch im Reaktor selber eine größere Ansammlung davon. Schließlich wird kein "normales" Uran genommen, sondern angereichertes. Das allein führt natürlich auch schon zu einer Anreicherung der Strahlung. Nicht zu Vergessen von den Nebenprodukten, die beider Kernspaltung entstehen und die Vermutlich noch bis zum Ende aller Tage vor sich hinstrahlen werden.
Aber selbst mit diesen Argumenten war nichts an der Einstellung unseres Radiochemie Sielmännchens zu ändern. Ich bezweilfel allerdings, daß irgendjemand in der Vorlesung zu einem Kernkraftfan geworden ist.

irgend was zu sagen? ...

 
Kernkraft-Debatten
lieferten ja immer wieder erschreckende Beispiele dafür, wie Wissenschaftler und Normalmenschen völlig aneinander vorbeireden können. Und wenn es probabilistisch gesehen noch so irrational sein mag, vor Kernkraft nen Horror zu haben und sich jeden Tag wohlgemut ans Steuer seines Autos zu setzen - das ist nun mal menschlich.

Das hat Max Frisch im Homo Faber so schön beschrieben, als Hanna sinngemäß sagt: Wenn ich hundert Töchter hätte, würde ich es vielleicht verschmerzen, wenn drei von ihnen an so einem Schlangenbiss sterben - aber ich habe nur eine...

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Ich vermute ja mal ganz stark, daß der Gutste Forschungsgelder von der Kernindustrie bekommen hat. Die Hand die einen füttert beißt man bekanntlich nicht.

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Schöne Anekdote - so zum heutigen Feiertag.
Die Alten Männer und ihre Lehren - dazu würde mir auch noch die ein oder andere Anekdote einfallen.

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ich habe vor einigen semestern demnach die gegenveranstaltung besucht: atomkraft und gesellschaft. wobei atomkraft ansich ja schon die ablehnung impliziert.

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aha, nun erfährt die welt, dass hinter dem biochomiker eher ein radiochomiker steckt. sozusagen ein moderaktor. ;)
als theologin muss ich mich zum glück nur mit den klon-methoden beschäftigen.

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