Donnerstag, 2. März 2006

Spaß mit demder Arbeitsamtagentur

Heute morgen habe ich mich frisch, froh, frei und gesund auf den Weg nach Canossa gemacht. Wie sich das gehört, bin ich auch gegangen und nicht etwa gefahren.

Mein Ziele war eine neue Grossraumdisco mit dem vielversprechenden Namen Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf. Wie jede vernünftige Promi-In-Disco hatte auch das Jobcenter einen Türsteher, der einen entweder nur einließ, wenn man das Empfehlungsschreiben einer prominenten Persönlichkeit (dem Arbeitsvermittler) vorweisen konnte, oder nachdem man sich etliche Stunden die Füße in den Bauch gestanden hatte.

Wie üblich traf sich vor dem Eingang die standartisierte Mischung an Pöbel, vom Akademiker bis zum gemeinen Malocher war alles dabei. Da dies natürlich für alle beteiligten eine extreme Stress-Situation war kam es auch zu den üblichen Pöbeleien gegenüber dem Türsteher. Nein, nicht etwa vom gemeinen Malocher, sondern von Akademikerseite. Der Herr Akademiker, wollte sich aufgrund seines Adelstandes in die heiligen Hallen drängeln. Ging aber nicht. Was leben wir doch in schlechten Zeiten, wenn noch nicht mal mehr der gemeine Akademiker, vormals die Stütze des deutschen Beamtentums, in einer Schlange nach vorne gelassen wird. Oh ja, die Welt ist finster geworden. Nach langer Wartezeit, der Übergabe höherer Bargeldbeträge oder einfach durch eine Menge Glück, kam man endlich in die heiligen Hallen. Oh, welch trister Glamour einer 70er Jahre Behördeneinrichtung hat einen empfangen. Menschen in Plastikpullundern und Brillen wie aus der Fielmann-Werbung. Man spürte sofort den Charme der Lokalität, man sah sich auf dem Gipfel seiner Träume. Und doch, man war noch nicht am Ziel.

Um in eine der vielen Subdiscos zu gelangen, die sich unter dem Dach dieses herrlichen Tempels verbargen, musste man erneut anstehen. Diesmal sogar mit Nummer! Natürlich nicht aus einem schnöden Automaten gezogen, das hätte den Charme des Jobcenters nur zerstört. Nein man hat die Nummern an einer ordinären stilvollen Papierolle abgezogen. Entwerte Nummern wurden von Angestellten Göttern und Engeln auf einer Papierliste an der Wand ausgestrichen. Die Nummern bestanden aus einem Buchstaben und zwei Ziffern und waren auf blaues Toilettenpapier in altgotischer Schrift auf feinstes Büttenpapier mit eingearbeitetem Goldrand und Wasserzeichen gedruckt. Sie waren mindestens so begehrt als Sammelobjekt wie eine seltene Briefmarke. Die Gier stand den Sammlern ins Gesicht geschrieben, wenn sie statt einer Nummer sich gleich drei oder vier nahmen und sie liebevoll in ein eigens zu diesem Zweck angelegtes Sammelalbum steckten. Natürlich mit Handschuhen, Mundschutz und Pinzette, um das edle Sammlerstück nur ja nicht zu beschädigen damit seinen Wert zu mindern.

Dann endlich, der entscheidende Moment, ein Gefühl, besser als eine Audienz beim Papst oder beim Dalai-Lama. Der Moment, in dem man in das allerheigste Vorrücken durfte, der Moment in dem man den Prominentesten der Prominenten gegenüber saß. Wo die Heiligen des Tempels, die Arbeitsvermittler zu einem anmaulten sprachen, wo sie stets mit genervter Mine einem freundlichen Lächeln einen nach dem Begehr fragten, immer nur den eigenen Feierabend das Wohl der anderen vor Augen. Dieser Moment war einfach unbeschreiblich. Unglaublich. 30 Sekunden lang Ewig während. Nicht umsonst tragen diese heiligen Hallen auch den Namen "Das Haus, das Verrückte macht". Davon werde ich sicher noch sehr lange träumen.


irgend was zu sagen? ...

 
Ich habe gerade Tränen gelacht! Ich bin ja so dankbar! Göttlich!!!

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Freut mich zu hören. Wenn man im Nachhinein darüber nachdenkt, ist es ja auch sehr lustig gewesen. Ach ja, nur damit da keine Zweifel aufkommen: ich war nicht der pöbelnde Akademiker.

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